es Müschterli

Vom Mordchrieghau ins Paradies

Möchten Sie gerne wissen, wo das «Ankenland» (Bottenwil) liegt oder warum Sie von der «Bösmatt» (Bellikon) nicht direkt in die «Höll» (Oberrüti) kommen, selbst dann nicht, wenn Sie im «Mordchrieghau» (Unterlunkhofen) wohnen? Obwohl wir Ihnen trotzdem empfehlen, das «Tüfelsloch» (Ehrendingen) zu meiden. Ein Grund zu weinen, ist das aber nicht, das wird übrigens auch in der «Brüelmatt» (Neuenhof) nicht gemacht – auch nicht, wenn Sie in der «Wüestmatt» (Herznach) wohnen, auch dort ist es nicht hässlich, und wenn Sie im «Fulengraben» (Zuzgen) arbeiten sollten, meinen wir trotzdem, dass Sie zu den fleissigen Menschen zählen – oder nicht? Zur Sicherheit machen Sie lieber einen Abstecher ins «Prophetengut» (Bözberg) oder unterziehen sich einer «Grindwäschi» (Bözberg). Danach sollte Ihnen nichts mehr im Weg stehen, um ein wenig Ruhe und Fröhlichkeit auf der «Frohalde» (Hornussen) zu erleben, um danach wohlverdient im «Paradies» (Unterlunkhofen) zu landen. Und wenn Sie Glück haben, dann steigen selbst die Engel vom «Ängelberg» (Unterkulm) hinab. Sie sehen, die Landschaft des Kantons Aargau erzählt mit seinen Flurnamen wunderbare Geschichten.

Amerika

Der Ländername Amerika geht auf den Personenname Amerigo zurück. Amerigo Vespucci (1451–1512) realisierte als Erster, dass es sich bei dem von Kolumbus entdeckten Land um einen neuen Erdteil und nicht um Indien oder Asien handelte. Der Kartograph Martin Waldseemüller gab dem neuen Kontinent 1507 auf seiner Karte in der Folge den Namen Amerika.

Im Kanton Aargau liegt der Flurname Amerika in Aarau und bezeichnet ein Waldstück im Gebiet Oberholz. I. d. R. bezeichnet Amerika abgelegenes, siedlungsfernes Land, das neu erschlossen wurde, oder verbunden mit Ereignissen oder Anekdoten ist, die einen Bezug zu Amerika haben.

Chuchi

Schweizerdeutsches Chuchi im Sinne von ‚Küche, Herdstelle, küchenartiger Raum, Zubereitungsort für gekochte Nahrung‘ geht zurück auf mittelhochdeutsch kuchi, küche, kuche und althochdeutsch kuhhina‚Küche, Speisewirtschaft‘. Es ist dem Mittelllateinischen cocina entlehnt.1

Das Namenelement Chuchi ist im Aargau ein Duzend Mal belegt, v. a. als Grundwort, mehrheitlich in Verbindung mit dem Bestimmungswort Bättler ‚Bettler‘ in der Bedeutung von Stellen, wo Fahrende, aber auch Jäger und andere im Freien gekocht haben.

Entsprechende Namen liegen in der Form von Bättlerchuchi vor in Birmenstorf, Zeiningen, Bottenwil, Brittnau, Vordemwald und Döttingen, Chuchi in Biberstein, Ob Tüfelschuchi und Tüfelschuchi Villigen sowie Bad Zurzach und der Chuchichaschte liegt in Schlossrued und Boswil.

 

Bifang

Schweizerdeutschs Bifang im Sinne von ‚Einzäunung‘, mittelhochdeutsch bivanc ‚Umfang, das von Furchen eingefasste Ackerbeet‘, althochdeutsch bifang, bezeichnete zur Zeit der Dreizelgenwirtschaft das mit obrigkeitlicher Erlaubnis aus der Allmend ausgeschiedene, zum Schutz gegen das Vieh durch Hecken, Zäune, Wald, Graben oder Furchen eingefriedete private Acker- oder Wiesland. Das Wort war einst in der gesamten deutschsprachigen Schweiz gebräuchlich.

Das Namenelement Bifang, auch die durch Abschwächung der unbetonten Silbe entstandene Form Bifig, ist 53 Mal belegt. Als Simplex bezeichnet Bifang einst eingehegte und gegen das Weidevieh abgeschlossene Fluren.

Belegte Namen und die jeweiligen Gemeinden sind:

Bifang in Mägenwil, Neuenhof, Wettingen, Wohlenschwil, Würenlos, Büttikon, Wohlen, Birrhard, Schinznach-Bad, Villnachern, Holziken, Leimbach, Menziken, Oberkulm, Reinach, Teufenthal, Zeihen, Brunegg, Hendschiken, Staufen, Kallern, Rottenschwil, Stein, Wegenstetten, Zuzgen, Aarburg, Attelwil, Brittnau, Oftringen, Reitnau, Rothrist, Staffelbach, Strengelbach, Bad Zurzach, Densbüren, Gränichen, Küttigen; Bifange in Niederrohrdorf, Remetschwil, Riniken; Siechebifang, Spitalbifang in Laufenburg; Stossbifang in Muri; Im Bifang, Junkerbifang, Mühlebifang in Zofingen; Horebifang in Küttigen sowie Bifig in Würenlos, Würenlingen, Münchwilen, Böbikon, Böttstein, Endingen und Leuggern. 

Chuder

Schweizerdeutsches Chuder bezeichnet den Abgang von gehecheltem Hanf oder Flachs. Beim Hecheln des Hanfes werden zwei Sorten Fasern gewonnen. Der eher kurzfaserige, holzartige Chuder und die qualitativ besseren Reisten mit langen, weichen Fasern. Der Chuder wurde vor allem von ärmeren Leuten im Winter versponnen. Als Element von Flurnamen verweist Chuder auf Hanf- oder Flachsgärten in Dorfnähe. Im Aargau scheint dieser ansonsten in der Deutschschweiz auch wenig verbreitete Name nicht oder nur in Chüderli in Ennetbaden zu existieren.

Hanf/Hauf

Schweizerdeutsches und neuhochdeutsches Hanf im Sinne von ‚Cannabis sativa‘ geht zurück auf mittelhochdeutsches hanif beziehungsweise althochdeutsches hanaf. Zugrunde liegt germanisches *hanapa-. Interessanterweise sind sowohl Hanf als auch kannabis aus der gleichen Quelle entlehnt, die aber einer unbekannten Sprache zugeordnet werden muss. Der Anbau von Hanf fand meist auf kleinen Flächen wie Gärten in der Nähe des Dorfs, des Siedlungskerns statt. Der Pflanzenname ist in Aargauer Flurnamen ein Duzend Mal erwähnt, nie als Simplex, hingegen in der Verbindung mit dem Grundwort Acker. Wie im benachbarten Kanton Zürich vielfach belegt, erscheint auch im Aargau die für den Kanton typische Lautung in Form der Schreibung Hauf mehrfach, oft in Verbindung mit den Grundwörter Acker und Garten. Hanf- und auch Flachsanbau dienten vor allem der Herstellung von Tuch und Seilen. Im Kanton sind folgende Hanf-Namen belegt: Ober Hanfacher (Hendschiken), Unter Hanfacher (Hendschiken), Haufacher (Dottikon, Villmergen),

Haufächer (Untersiggenthal), Haufgart (Obersiggenthal), Haufgarten (Eiken), Haufland (Ennetbaden), Haufländli (Spreitenbach), Haufroos (Lengnau, Oberrohrdorf).

Har

Schweizerdeutsches, aber mittlerweile veraltetes Har im Sinne von ‚Flachs‘ geht zurück auf mittelhochdeutsches har, althochdeutsches har, haro. Dem zugrunde liegt germanisches *hazwa, *hazwaz in der Bedeutung von ‚Abgekämmtes, Flachs‘. Als Grundbedeutung anzunehmen ist also wohl ‚das zu Kämmende‘. Das Wort ist im Schweizerdeutschen bereits früh durch Flachs ersetzt worden, so dass auch im Aargau wie in anderen Gebieten der Schweiz eher selten belegt ist. Har erscheint denn auch in den Aargauer Nachweisen ausschliesslich als Bestimmungswort und verweist auf den einstigen Flachsanbau.

Im Kanton sind folgende Har-Namen belegt: Hargarte (Seon), Hargarten (Reitnau), Harächli (Wohlen), Harget (Oberhof).